Zinswende und ihre Folgen: Die Rückkehr der Vorabpauschale für Fondsanleger

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Frau mit Taschenrechner im privaten Büro

Die Zinspolitik der EZB von 2020 bis 2021 hatte einen kleinen positiven Nebeneffekt für die Anlegerinnen und Anleger: Sie brauchten sich mangels Zinsen nicht mit der sogenannten Vorabpauschale auseinanderzusetzen. Jetzt, wo es wieder Zinsen gibt, sieht dies allerdings anders aus.

Im Jahr 2018 führte die damalige Bundesregierung mit der Investmentsteuerreform die Vorabpauschale ein. Die Vorabpauschale ist eine Regelung, die sich auf bestimmte Arten von Geldanlagen bezieht, wie zum Beispiel auf thesaurierende Investmentfonds oder bestimmte Versicherungsprodukte. Vereinfacht gesagt, ist die Vorabpauschale eine Art Steuerzahlung, die Sie auf Ihre Geldanlagen zahlen müssen, auch wenn Sie tatsächlich kein Geld oder nur einen geringen Betrag aus Ihren Anlagen erhalten haben.

Die Vorabpauschale soll sicherstellen, dass Sie trotzdem Steuern zahlen, wenn Ihre Anlagen im Wert steigen, auch wenn Sie sie noch nicht verkauft oder Gewinne daraus erzielt haben. Diese Steuer wird auf Grundlage eines festgelegten Prozentsatzes Ihrer Anlage berechnet, und Sie müssen sie in der Regel jedes Jahr bezahlen.

Wie die Vorabpauschale berechnet wird

Die Vorabpauschale ist ein fiktiver Ertrag, der nach einer vorgegebenen Berechnungsformel pauschal ermittelt wird. Sie ist definiert als Basisertrag abzüglich der Ausschüttungen eines Kalenderjahres. Schauen wir uns das an einer fiktiven Beispielsrechnung an.

Beispielrechnung für 2023:
  • Fondspreis zum 1. Januar 2023 100 EUR
  • Fondspreis zum 31. Dezember 2023: 120 EUR
  • Basiszins 2,55 % (wird jährlich durch die deutsche Bundesbank ermittelt)
  • Ausschüttung für das Geschäftsjahr: 0,50 EUR je Anteil

Die Anleger:in besitzt in diesem Beispiel 300 Fondsanteile. Es handelt sich um einen Aktienfonds. Um die Vorabpauschale zu berechnen, benötigen wir die Fondspreissteigerung während des Geschäftsjahres und den Basiszins. Im Jahr 2023 lag dieser beispielsweise bei 2,55 %. Wir multiplizieren den Rücknahmepreis des Fondsanteils zu Beginn des Kalenderjahres mit 70 % des Basiszinses. Die Vorabpauschale wird auf Grundlage der Wertentwicklung des Fonds ermittelt und die Werbungskostenpauschale berücksichtigt. Die Rechnung lautet nun folgendermaßen.

Anteilpreis zu Beginn des Kalenderjahres 2023: 100 Euro

Basisertrag: Anteilpreis zu Beginn des Kalenderjahres 2023 (100 EUR) * Basiszins für 2023 (0,0255) * 0,70 = 1,785 EUR

Vorabpauschale auf Fondsebene:           

Basisertrag (1,785 EUR) – Ausschüttung (0,50 EUR) = 1,285 EUR

Vorabpauschale je Fondsanteil:     

Vorabpauschale auf Fondsebene (1,285 EUR) * Teilfreistellung (30 % auf Aktienfonds) = 0,3855 EUR

Hier muss noch die Teilfreistellung berücksichtigt werden. Sie greift sowohl bei der Vorabpauschale als auch bei Ausschüttungen. Sie variiert nach den Fondstypen. So bleiben bei Aktienfonds 30 % der Erträge steuerfrei, soweit der Aktienanteil im Fonds über 50 % liegt.

Gesamtvorabpauschale: 

Vorabpauschale je Fondsanteil (0,3855 EUR) * Anzahl der Fondsanteile (300) = 115,65 EUR

Die berechnete Gesamtvorabpauschale für 300 Fondsanteile beträgt in diesem Beispiel also 115,65 Euro. Bitte beachten Sie, dass dies eine vereinfachte Berechnung ist, und in der Praxis können zusätzliche Faktoren wie die Anzahl der Tage im Geschäftsjahr berücksichtigt werden.

Freistellungsauftrag und Steuerbescheinigung

Insgesamt darf ab 2023 jede Sparerin und jeder Sparer 1.000 Euro an Kapitalerträgen freistellen. Bei steuerlich gemeinsam veranlagten Ehegatten sind es also 2.000 Euro. Bis 2022 waren es 801 beziehungsweise 1.602 Euro. Wenn der Freistellungsauftrag ausreicht, wird die Vorabpauschale diesem belastet. Sollte dieser nicht ausreichen, wird der Betrag vom hinterlegten Girokonto abgebucht. Ist die Belastung nicht möglich, werden Fondsanteile verkauft. Die Buchung der Vorabpauschale (für das Vorjahr) ist steuerlich dem 1. Arbeitstag des laufenden Kalenderjahres zugeordnet und fließt im aktuellen Jahr in der Steuerbescheinigung in die Position „Höhe der Kapitalerträge“ ein. Für 2023 wird die Vorabpauschale beispielsweise im Januar 2024 gebucht und ist Teil der Steuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2024. Wichtig: Damit es für die Anleger:in zu keiner Doppelbesteuerung kommt, wird die Vorabpauschale bei der tatsächlichen Veräußerung des Fonds vom Veräußerungsgewinn wieder abgezogen.

Was hat die Vorabpauschale mit der Zinspolitik zu tun?

Die Vorabpauschale spielt bei einem niedrigen Zinsniveau kaum eine Rolle, weil sie speziell darauf abzielt, Steuern auf potenzielle Erträge aus bestimmten Kapitalanlagen zu erheben. Wenn die Zinsen auf Geldanlagen wie Sparbücher, Festgelder oder Staatsanleihen sehr niedrig oder sogar negativ sind, erwirtschaften diese Anlagen in der Regel kaum oder gar keine tatsächlichen Erträge. Da nun der Leitzins durch die EZB in den vergangenen zwei Jahren angehoben wurde, ist die Vorabpauschale auch leider wieder ein Thema für uns Anleger:innen.

6 Kommentare

  1. In dem Beitrag zur Vorabsteuerpauschale fehlen wichtige Informationen.
    Ich füge hierzu die entsprechenden Informationen aus Wikipedia bei:
    “ Diese Vorabpauschalen werden bei einer späteren Veräußerung des Fonds angerechnet, so dass im Jahr der Veräußerung nur noch der Teil des Gewinns, der nicht durch Vorabpauschalen abgedeckt ist, versteuert werden muss. Aufgrund der Gesetzesvorgaben sind hauptsächlich thesaurierende Fonds (auch ETF) betroffen.“ „Falls im zugehörigen Verlustverrechnungstopf ein entsprechender Betrag vorhanden ist, oder ein Freistellungsauftrag erteilt wurde (ausreichender Restbetrag), werden diese vorher in Anspruch genommen.“
    Damit : 1. hauptsächlich thesaurierende Anlageprodukte
    2. Vorabsteuer wird mit der Steuer bei Veräusserung verrechnet.
    3. Ausgleich mit Verlustrechnungstopf
    Diese wichtigen Informationen sollten bekannt werden

  2. Der Artikel hat mir nicht weitergeholfen. Ich habe seit ca. 25 Jahren Geld in Deka Fonds angelegt und in dieser Zeit war nie von einer Vorabsteuerpauschale die Rede. Was ich persönlich jetzt machen muss, ist mir nicht klar geworden! Will man damit verhindern, dass Bürger ohne Studienabschluss im Finanzwesen ihr Geld an der Börse anlegen? Brauche ich die Hilfe eines Steuerberaters o.ä., oder rechnet das Finanzamt diese Vorsteuerpauschale für mich aus und bucht sie von meinem Konto ab?

    • Hallo J.P., wie bereits im Beitrag angedeutet, ist die Vorabpauschale erst mit der Investmentsteuerreform von 2018 ein Thema. Dass Sie nie was davon gehört haben, ist zudem den niedrigen Zinsen der vergangen Jahren geschuldet. Da das Zinsniveau nun wieder gestiegen ist, behandeln wir das Thema jetzt für Sie. Die Vorabpauschale wird über die Depot-Abwickler (DekaBank oder dem Deutschen Wertpapier-Service (dwp)an das Finanzamt abgeführt. Soweit Sie also Ihren Freibetrag hinterlegt haben, müssen Sie nichts tun.

  3. Hallo, was passiert denn wenn man seinen Fond mit Verlust verkauft. Bekommt man dann seine bezahlten Vorabbeträge auch zurück gezahlt oder sind dann weg?

    • Falls Sie einen Fonds mit Verlust verkaufen sollten, wird Ihnen die steuerliche Vorabpauschale angerechnet bzw. zurückerstattet.

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