Die Baukosten steigen, die Zinsen auch. Wer ein Haus bauen oder sanieren will, spart daher doppelt, wenn sie oder er selbst Arbeiten erledigt. Im Internet mangelt es auch nicht an leicht verständlichen Do-it-yourself-Videos. Doch was ist bei Eigenleistungen zu beachten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was selbstgeschaffen wurde, hat für einen persönlich häufig einen höheren Wert. Das gilt fürs Kochen, Stricken oder auch fürs Handwerken – und erst recht für den Hausbau. Dass früher selbst Aufgaben wie Dachdecken von den Häuslebauer:innen übernommen wurden, war keine Seltenheit. Doch mit dem Wohlstand, den eigenen Ansprüchen und den ausgeweiteten gesetzlichen Vorschriften sind Fertighäuser immer beliebter geworden. Ihr Anteil hat sich mit 23 Prozent (Stand: 2021) in den vergangenen 20 Jahren fast verdoppelt.
Gleichzeitig sind einige Menschen mit Handwerkervideos im Internet zu kleinen Berühmtheiten geworden. Sie erklären dabei anschaulich, wie einfache und auch komplizierte Baumaßnahmen selbst („Do it yourself“ / DIY) durchgeführt werden können. Da zuletzt die Baukosten deutlich gestiegen sind, ziehen viele Eigenleistungen am Bau in Erwägung.
Das ist die Muskelhypothek
Kredite für den Hausbau sind mit der Immobilie besichert und heißen Hypothek. Eigenleistungen werden daher gemeinhin Muskelhypothek genannt.
Wer aus eigener Kraft oder mit Unterstützung von Freunden und der Familie baut oder saniert, der reduziert die Leistungen, die sie oder er einkaufen muss. Und senkt damit den Kreditbedarf. Banken und Sparkassen schlagen diese Arbeiten sogar dem Eigenkapital hinzu. 10 bis 20 Prozent der Kauf- beziehungsweise Bausumme sollten als Eigenkapital vorhanden sein. Wer selbst Malern, Fliesenlegen oder sogar Innenwände setzen kann, kann sich dies anrechnen lassen. Mitunter macht es sich sogar mit einem günstigeren Zinssatz bemerkbar.
Rechenbeispiel für die Muskelhypothek
Bausumme: 350.000 Euro Eigenkapital: 50.000 Euro Kreditsumme: 300.000 Euro Zinszahlungen bei 4,5 % Zinsen über 30 Jahre: ca. 247.000 Euro Eigenkapital mit Eigenleitungen von 10.000 Euro: 60.000 Euro neue Kreditsumme: 290.000 Euro Zinszahlungen bei 4,5 % Zinsen über 30 Jahre: ca. 239.000 Euro Ersparnis: 10.000 Euro Eigenleistungen 8.000 Euro gesparte Zinsen = 18.000 Euro
So weisen Sie Eigenleistungen nach
Bis zu einem gewissen Betrag trauen Ihnen Banken und Sparkassen Eigenleistungen ohne besonderen Nachweis zu. Wenn Sie beispielsweise angeben, das Laminat selbst zu verlegen, die Innenwände zu streichen oder den Garten anzulegen, wird das in der Regel akzeptiert und der entsprechende Kreditbedarf reduziert. Sollten Sie jedoch Arbeiten im Wert von mehreren Zehntausend Euro nennen, könnte es sein, dass der Kreditgeber gerne einen Nachweis über die Fähigkeiten haben möchte. Am einfachsten ist es, wenn Sie oder Freunde über eine entsprechende Ausbildung verfügen.
Diese Eigenleistungen können Sie übernehmen
Vieles hängt davon ab, was sie mit dem Bauunternehmen vertraglich vereinbaren. Wenn Sie ein bezugsfertiges Haus kaufen, ist der Spielraum für Eigenleistungen am geringsten. Dabei gibt es mehrere Kategorien, die aufsteigend mehr Selbstbeteiligung vorsehen: bezugsfertig, schlüsselfertig, belagsfertig, fassadenfertig, Ausbauhaus, Bauherrenmithilfe, Bausatzhaus, komplett selbst gebaut.
Gerade im Innenbereich finden sich aber durchaus Aufgaben, die auch Unerfahrene übernehmen können. Das lohnt sich insbesondere dann, wenn die Arbeiten viel Zeit in Anspruch nehmen, weil sie eine hohe Genauigkeit erfordern. Umso besser, wenn die dabei verwendeten Materialien vergleichsweise günstig sind, sodass Fehler nicht viel kosten.
Typische Arbeiten, die Sie gut übernehmen können:
- Wände streichen oder fließen
- Laminat, Parkett oder Teppich verlegen
- Setzen nicht tragender Wände (sogenannter Trockenbau)
- Gestaltung der Außenanlagen
Wenn Sie deutlich erfahrener sind, lohnt es sich auch bei folgenden Arbeiten zu unterstützen oder sie ganz zu übernehmen:
- Rohbauarbeiten
- Verputzen von Innenwänden und Fassaden
Vorsicht: Die Installation von Sanitäranlagen hat großes Schadenspotenzial. Schon ein falsch gesetzter Dichtungsring kann zu erheblichen Schäden am Haus führen. Wenn Sie selbst dafür verantwortlich sind, werden Sie auch die Kosten für die Reparatur tragen müssen, weil die Versicherung nicht greift.
Tipp: Stimmen Sie mit den Bauunternehmen genau ab, wo Ihre Aufgaben beginnen und die der Firma aufhören. Halten Sie dies vertraglich fest. Beginnen Sie am besten erst mit der Arbeit, wenn Sie die Vorarbeiten des Unternehmens haben abnehmen lassen. Auch Ihre Leistungen sollte der Bauleiter abnehmen, ehe das Fachpersonal wieder übernimmt.
Bedenken Sie außerdem, dass Ihre Arbeiten den Baufortschritt nicht verzögern. Im schlechtesten Falle werden bei späterer Fertigstellung Bereitstellungszinsen für den Kredit fällig. Auch müssten Sie unter Umständen länger Miete für Ihre bisherige Wohnung zahlen.
Diese Arbeiten dürfen Sie nicht ausführen
Arbeiten am Elektrokreis sind untersagt. Das regelt die Niederspannungsverordnung. Nur beim Stromversorger eingetragene Elektrikerinnen und Elektriker dürfen elektrische Anlagen installieren. Elektrische Arbeiten am Sicherungskasten sind beispielsweise ausgeschlossen. Der Grund: Fehlerhaft installierte Anlagen können zu Kabelbränden, Überspannungen und Stromschlägen führen. Diese Regel sollten Sie beherzigen, denn Ihre Versicherung zahlt nicht, wenn Ihre Arbeiten Grund für einen Schaden sind. Das könnte teuer werden.
Das betrifft auch den Herdanschluss. Wenn Sie den Herd selbst anschließen, erlischt zudem üblicherweise die Herstellergarantie. Selbst Lampen dürfen sie nicht anschließen und abklemmen, wenn Sie Ihren Versicherungsschutz wahren wollen.
Sie dürfen jedoch Zuarbeiten erledigen, die nicht den Stromkreis selbst betreffen. Dazu gehören die Schlitze stemmen, Unterputzdosen setzen, Leerrohre und Leitungen verlegen sowie Lampen aufhängen.
So kalkulieren Sie die Muskelhypothek
Bedenken Sie bei Ihren Plänen, dass die Fachbetriebe Materialien häufig günstiger einkaufen können als Sie selbst. Sparen können Sie daher am besten, wenn Sie zeitintensive Arbeiten übernehmen. Die Ersparnis lässt sich gut mit den Lohnkosten errechnen.
Als Richtwert gilt: Nicht-Profis können in der Regel höchstens 5 bis 15 Prozent der Gesamtkosten über Eigenleistungen abdecken.
Wichtig: Überschätzen Sie sich nicht. Kalkulieren Sie stets etwas mehr Zeit ein, da immer etwas dazwischenkommen kann – und sei es nur, weil Sie selbst oder Ihre Helfer krankheitsbedingt ausfallen. Sollte Ihre errechnete Muskelhypothek dann nicht ausreichen, müssen Sie zusätzliche Leistungen einkaufen. So kann das Geld schnell knapp werden. Ob und wann Sie dann eine Nachfinanzierung bekommen, ist schwer zu sagen. Im schlimmsten Falle stehen Sie mit einer Bauruine da.