Der Skandal um das DAX-Unternehmen Wirecard wirft viele Fragen für Anleger, Aufsicht und Politik auf. Es muss doch jemanden im Unternehmen geben, der den Vorständen auf die Finger schaut?
Organisation einer Aktiengesellschaft
Heutzutage finden Aktionäre in einer Aktiengesellschaft drei wesentliche „Organe“ auf, die jeweils eigene und zentrale Aufgaben innerhalb des Unternehmens wahrnehmen:
1. Der Vorstand
Am bekanntesten ist hierbei der Vorstand einer Aktiengesellschaft, welcher die Leitung des täglichen Geschäfts übernimmt und strategische Entscheidungen für ein langfristiges Bestehen des Unternehmens treffen soll. Zu den Pflichtaufgaben des Vorstands gehört es, bestandsgefährdende Risiken für das Unternehmen frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln.
2. Der Aufsichtsrat
Die Entscheidungen des Vorstands werden durch das interne Kontrollorgan der Aktiengesellschaft, dem Aufsichtsrat, kontrolliert und überwacht. Durch regelmäßige Berichte und Darstellungen der Geschäftsentwicklung kann sich der Aufsichtsrat somit ein Bild über die Lage im Unternehmen verschaffen. Es ist eine Grundaufgabe des Aufsichtsrats, zu kontrollieren, ob der Vorstand seinen Pflichtaufgaben nachkommt, dabei wird der Aufsichtsrat durch Wirtschaftsprüfer unterstützt.
3. Die Jahreshauptversammlung
Das dritte zentrale Organ einer Aktiengesellschaft ist die jährlich stattfindende Jahreshauptversammlung, an der die Aktionäre der AG teilnehmen und die Arbeit des Vorstands bzw. des Aufsichtsrats beurteilen.
Welche Einschränkungen gibt es?
In der Praxis wäre es für Vorstand und Aufsichtsrat ohne weitere Regelungen jedoch ein Leichtes, die Organe der Aktiengesellschaften so zu besetzen, dass der Überwachungsaspekt weitgehend verloren geht. Der Gesetzgeber hat daher im Aktiengesetz geregelt, dass ein Vorstand im selben Unternehmen nicht gleichzeitig ein Aufsichtsratsmandat halten darf und andersherum genauso.
Ebenfalls verboten ist die Situation, dass ein Vorstandsmitglied von „AG 1“ im Aufsichtsrat einer zweiten Aktiengesellschaft („AG 2“) ist, wenn ein Vorstandsmitglied der „AG 2“ bereits im Aufsichtsrat der „AG 1“ vertreten ist. Dies wird als Überkreuzverflechtung (s.u.) bezeichnet und ist von Gesetzes wegen verboten.
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber den Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) erlassen, der weiterhin Grundsätze guter Unternehmensführung definiert, um das Vertrauen von deutschen wie internationalen Anlegern in deutsche Unternehmen nachhaltig zu stärken.
Auch wenn der Bilanzmanipulationsskandal um Wirecard dieses Vertrauen noch einmal stark erschüttert hat, ist aufgrund der bereits bestehenden Gesetzeslage davon auszugehen, dass dies eher die Ausnahme bleiben wird. Zumal in denen von der EU vorgeschlagenen ESG-Kriterien zur Identifikation von nachhaltigen Unternehmen ein wesentlicher Bestandteil auch die „Governance“, also die gute Unternehmensführung, ist.
Über den Autor: Der Betriebswirt Daniel Afzal ist Wertpapierkoordinator bei der Förde Sparkasse.