Mitarbeiter organisiert Hilfstransport für Ukrainer:innen

Interview mit Jens Wittkowski, Bereichsleiter Kreditmanagement in der Förde Sparkasse

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Hilfe Ukraine

[Titelfoto v.l.n.r.: Alla Wittkowski, Martina Emara, Rafal (der polnische Organisator vor Ort), Patricia Albrecht, Jens Wittkowski]
Unser Kollege Jens Wittkowski hat eine Hilfsaktion für die Menschen an der ukrainisch-polnischen Grenze organisiert. Dieses Engagement hat uns zutiefst beeindruckt und dazu veranlasst, genauer nachzufragen. Lesen Sie in diesem Interview, was unser Kollege auf die Beine gestellt hat und welche Herausforderungen diese Hilfsaktion für Ihn und alle Beteiligten mit sich brachte.

Was hat Sie dazu bewegt, sich persönlich aktiv und vor Ort zu engagieren?

JW: Die Bilder des Krieges haben bei mir natürlich Entsetzen und zunehmend auch das Gefühl der Ohnmacht ausgelöst. Gemeinsam mit meiner Frau Alla, die in Minsk/Belarus zu Sowjetzeiten aufgewachsen ist, haben wir uns entschlossen, etwas konkretes zu „machen“, was die Menschen in der Ukraine unterstützt – und sei es nur ein kleiner Beitrag.

Wie genau sah ihr Engagement aus/was haben Sie konkret unternommen, um zu helfen?

JW: Zunächst haben wir eine Initiative der Emara-Apotheke aus Fahrdorf unterstützt, bei der vor allem Medikamente aber auch Lebensmittel und andere Hilfsgüter gespendet/organisiert wurden, um diese direkt an die polnisch-ukrainische Grenze für ein Krankenhaus in Lwiw zu bringen. 
Das brachte uns auf die Idee, einen „eigenen“ Transport mit Lebensmitteln/Hygienartikeln und anderen benötigten Dingen auf die Beine zu stellen. Die Idee wurde von der Sparkasse unterstützt, die mir einen Kleintransporter als Dienstwagen für ein verlängertes Wochenende zur Verfügung stellte.
Da sich der Transport der Apotheke wegen der benötigten Ausfuhrgenehmigung für die Medikamente zeitlich verschoben hat, haben wir uns schließlich glücklicherweise gemeinsam zu viert mit zwei Fahrzeugen auf den Weg gemacht.

Wie groß war das Interesse Anderer, Ihr Engagement zu unterstützen? Hatten Sie viele Helfer:innen/Spender:innen?

JW: Geplant hatten wir „unseren Beitrag“ als eigene private Initiative. Allerdings bekamen wir auch ohne Spendenaufruf von allen Seiten aus dem Freundes- und Kollegenkreis viel positives Feedback und Unterstützung. Innerhalb nur weniger Tage holten Freund:innen sowie Kolleg:innen Decken, Rucksäcke usw. vom Dachboden, kauften Lebensmittel/Hygieneartikel ein oder beteiligten sich finanziell. Ich bin immer noch von der großartigen Hilfsbereitschaft und Unterstützung, die spontan entstanden ist, begeistert.

Wie waren Ihre persönlichen Eindrücke vor Ort?

JW: Die Übergabe der Hilfslieferung in Przemyśl nahe der ukrainischen Grenze verlief gut organisiert. Viele helfende Hände sorgten dafür, dass die Ladung schnell direkt auf einen LKW befördert werden konnte, der dann noch am gleichen Tag durch die Ukrainerin Roxana zum Krankenhaus nach Lwiw gefahren wurde. Wir trafen auf den unwahrscheinlich sympathischen und dankbaren Polen Rafal, der die Hilfstransporte mit organisiert und selbst 16 Stunden am Tag vor Ort hilft. Beim Verladen lernten wir zwei Iren aus Galway kennen, die ebenfalls einen Hilfstransport begleiteten, nun aber schon seit 11 Tagen vor Ort geblieben sind, um zu helfen. Und wir haben nach den kurzen Gesprächen – da Alla russisch spricht, konnten wir uns gut verständigen – das Gefühl bekommen, dass wirklich alle Lebensmittel, Medikamente und andere Hilfsmittel dringend gebraucht werden. Roxana schilderte, dass in Lwiw in so ziemlich jeder Wohnung bereits Flüchtende aus anderen Landesteilen der Ukraine aufgenommen wurden und daher die Versorgungslage schwierig ist.
Und schließlich bleiben leider auch die Laute in Erinnerung, die wir nach der Übergabe auf dem ersten Rastplatz aus Richtung Ukraine hörten. So hört sich also Raketenbeschuss aus der Ferne an.

Gab es ganz besondere Herausforderungen bei dieser Hilfsaktion an der Kriegsgrenze (ggf. auch in Bezug auf Corona)?

JW: Rückblickend würde ich als größte Herausforderung die Müdigkeit betrachten. Wir waren 53 Stunden unterwegs und haben dabei lediglich insgesamt ca. drei Stunden sitzend bzw. auf dem Rückweg auf der Ladefläche geschlafen. Ansonsten verlief alles problemloser als erwartet. Und was ist schon etwas Müdigkeit im Vergleich zu den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine?

Welche Erfahrungen bleiben haften?

JW: Da sind einerseits die Traurigkeit und Strapazen, die auf der Rückfahrt in vielen Gesichtern flüchtender Ukrainer:innen abzulesen war, die wir an vielen Raststätten getroffen haben. Andererseits bleiben auch die Eindrücke der Hinfahrt, bei der wir viele Hilfstransporte aus Europa und vor allem aus Deutschland gesehen haben. Diese Hilfsbereitschaft und auch die Unterstützung aus unserem Umfeld sind beeindruckend. Und schließlich bleibt auch das Gefühl, gemeinsam mit Martina, Patricia und Alla als Team etwas bewegt zu haben, auch wenn es natürlich nur ein sehr kleiner Beitrag angesichts der aktuellen Lage ist.

Was würden Sie anderen Personen mit auf den Weg geben, die eine ähnliche Aktion planen oder anderweitig unterstützen möchten?

JW: Die Ukrainer:innen benötigen Unterstützung. Egal ob Spende, Hilfe für die ankommenden Flüchtenden oder Hilfstransporte in die Ukraine: Bitte einfach machen und nicht zögern!

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