Neue Grundsteuer: Was Sie jetzt wissen und tun müssen

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Frau sitzt am Schreibtisch im Büro, tippt etwas in einen Taschenrechner ein. Auf dem Tisch liegen Akten und es stehen zwei Miniaturhäuser darauf.

Die Abgabefrist der Grundsteuererklärung ist abgelaufen. Aktuell verschicken die Finanzämter die Bescheide – etwa ein Drittel der Betroffenen hat sie bereits erhalten. Einige Immobilienbesitzer:innen profitieren von geringeren Beträgen durch die neue Grundsteuer, andere sehen sich mit erheblichen Teuerungen konfrontiert. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Neuberechnung bleiben bestehen. Verbände raten zum Einspruch.

Viele Daten, strenge Fristen, hohe Strafen

Seit Anfang 2025 an darf die alte Grundsteuer nicht mehr erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frist gesetzt, weil die bisherigen Berechnungen auf veralteten Werten von 1964 in Westdeutschland und 1935 in Ostdeutschland beruhen, was zu ungerechter Besteuerung geführt hat.

Für die neue Berechnung der Steuersätze mussten die Eigentümer:innen von 24 Millionen Wohn- und 12 Millionen Gewerbeimmobilien bereits bis Ende Januar 2023 zahlreiche Daten an die Finanzämter übermitteln (in Bayern war das bis Ende April 2023 möglich). 94 Prozent haben die Grundsteuererklärung bisher abgegeben (Stand: Januar 2024). Der Nachrichtenagentur dpa zufolge fehlen aber immer noch mehr als eine Million Grundsteuererklärungen von den Eigentümer:innen. 

Wer die Daten zu spät einreicht, riskiert Verspätungszuschläge und Geldstrafen bis zu 25.000 Euro. Für Immobilien, für die auch nach einer Mahnung keine Daten übermittelt wurden, nehmen die Finanzämter eine Schätzung vor. Die fällt in der Regel zu Ungunsten der Eigentümer:innen aus.

Millionen Eigentümer:innen warten noch auf ihren Bescheid

Die Grundsteuer ist für die Kommunen eine wichtige Einnahmequelle. Die jährliche Steuer auf das Eigentum von Grundstücken und Gebäuden können Vermieter:innen über die Nebenkostenabrechnung auch auf Mieter:innen umlegen.

Bis Mitte Dezember 2024 wurden fast 24 Millionen Steuerbescheide von den Finanzämtern ausgestellt. Demzufolge warten noch etwa zwei Drittel der Eigentümer:innen auf ihre Grundsteuerbescheide. Viele Städte und Gemeinden haben mit dem Versand der Grundsteuerbescheide auch erst im Januar 2025 begonnen.

Bundesmodell könnte verfassungswidrig sein

Nun zeigt allerdings ein Rechtsgutachten, dass die neue Regelung ebenfalls nicht verfassungskonform sein könnte. Zu diesem Schluss kommt Gregor Kirchhof, der Direktor des Instituts für Wirtschafts- und Steuerrecht an der Universität Augsburg ist. Im Auftrag des „Bunds der Steuerzahler Deutschland“ und des Immobilieneigentümerverbands „Haus & Grund Deutschland“ hat Kirchhof sich die Grundsteuerreform näher angeschaut. Sein Fazit: Er hält das Gesetz für verfassungswidrig.

Insgesamt nennt das Gutachten zehn Kritikpunkte. Im Mittelpunkt stehen dabei die Bodenrichtwerte. Diese seien nicht vergleichbar und enthielten Lücken. Sie werden unter anderem nach zurückliegenden Verkäufen ermittelt. Wenn aber in einem Gebiet zu wenige Daten vorliegen, werden solche aus früheren Jahren oder aus vergleichbaren Gebieten herangezogen. Wenn mancherorts ältere Werte genutzt würden, könnte aber der Gleichheitsgrundsatz verletzt sein.

Problematisch sei auch, dass die Grundsteuer komplizierter würde statt einfacher. Außerdem sei die Grundsteuer in einigen Ländern deutlich höher als in anderen, was zu einer ungleichen Steuerbelastung führe. Eine Rechtslücke könne bestehen, da die meisten Grundlagen-Bescheide schon verschickt und bestandskräftig seien, die tatsächliche Höhe aber erst feststehe, wenn die Gemeinden ihre Hebesätze festlegten. Kirchhof kritisiert, dass die öffentliche Hand von den Steuerpflichtigen Daten verlange, über die sie bereits verfüge.

Verband empfiehlt, Einspruch einzulegen

Die beiden Verbände, die das Gutachten beauftragt hatten, nutzen dieses nun, um gegen das sogenannten Bundesmodell Musterklagen einzureichen. Das Bundesmodell gilt in elf Bundesländern: Berlin, Bremen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. In fünf dieser Bundesländer planen die Verbände Musterklagen: Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen.

Aktuelles Grundsteuergesetz: Was, wenn es nicht verfassungskonform wäre  
Sollte eine Verfassungsklage eingereicht und auch zugelassen werden, würden Bescheide nur noch unter Vorbehalt ausgestellt. Da dies noch nicht der Fall sei, sollten sich Steuerzahlende durch einen generellen Einspruch absichern, so Kai H. Warnecke, der Präsident von „Haus & Grund“. Würde das aktuelle Grundsteuergesetz für verfassungswidrig erklärt, wäre das Urteil auch für alle Bescheide bindend – unabhängig davon, ob der einzelne Eigentümer Einspruch beim Finanzamt eingelegt hat.

Einen Monat Zeit für Einspruch

Einspruch können Sie gegen den Bescheid beim ersten Mal kostenlos einreichen. Beachten Sie aber die Frist: Innerhalb eines Monats nach Ausstellung des Bescheides, muss der Einspruch eingegangen sein. Musterschreiben (Haus & Grund  bzw. Bund der Steuerzahler) finden Sie im Internet. Lehnt das Finanzamt den Einspruch ab, müssten Sie als Eigentümer:in vor dem Finanzgericht klagen.

Drei Berechnungsmodelle: Je nach Bundesland werden andere Daten abgefragt

Die Eigentümer:innen von Immobilien mussten verschiedene Angaben bereitstellen und eine sogenannte Feststellungserklärung einreichen. Dafür gelten je nach Bundesland andere Regeln und Daten, denn jedes Land konnte sein eigenes Berechnungsmodell für die Grundsteuer beschließen:

Bodenwertmodell
Am einfachsten haben es die Eigentümer:innen in Baden-Württemberg. Dort entscheidet nur die Grundstücksfläche, kombiniert mit dem amtlich ermittelten Bodenrichtwert, über die Höhe der neuen Grundsteuer. Wie groß das Gebäude darauf ist und welchen Wert es hat, spielt keine Rolle Folgende Daten müssen erhoben werden:
• Grundbuchdaten,
• Art der Nutzung,
• Bodenrichtwert,
• Aktenzeichen des Einheitswertes und
• Grundstücksfläche
Flächenfaktormodell
Etwas arbeitsintensiver sind die jeweiligen Flächenmodelle in Bayern (wertunabhängiges Flächenmodell), Hessen (Flächen-Faktor-Verfahren), Niedersachsen (Flächen-Lage-Modell) und Hamburg (Wohnlagenmodell). Dafür benötigen die Finanzämter:
• Grundbuchdaten,
• Art der Nutzung,
• Aktenzeichen des Einheitswertes,
• Wohnfläche und
• Grundstücksfläche
Bundesmodell
In den übrigen elf Bundesländern (Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Berlin, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Bremen, Saarland und Mecklenburg-Vorpommern) ist der Berechnungsaufwand am größten. Das vom Bund vorgeschlagene Modell, daher auch Bundesmodell genannt, soll Boden- und Gebäudewerte möglichst genau abbilden: 
• Grundbuchdaten,
• Art der Nutzung,
• Bodenrichtwert,
• Aktenzeichen des Einheitswertes,
• Wohnfläche,
• Art der Immobilie,
• Anzahl der Wohnungen und deren Größe,
• Anzahl Garagen und Stellplätze,
• mögliches Gebäudealter und
• Grundstücksfläche
Berechnungsbeispiel: So setzt sich die Grundsteuer zusammen

Die Grundsteuer wird in vier Schritten ermittelt. Auf Grundstücke mit Wohnbebauung wird sie jährlich erhoben.

  1. Schritt: Der Grundsteuerwert wird durch das Finanzamt festgelegt.
  2. Schritt: Die Steuermesszahl wird bestimmt. Bei bebauten oder unbebauten Grundstücken und Immobilien ist diese reformbedingt abgesenkt worden und beträgt 0,31 Promille (0,031 Prozent).
  3. Schritt: Der Grundsteuerwert wird mit der Steuermesszahl multipliziert. So ergibt sich der Steuermessbetrag.
  4. Schritt: Der Steuermessbetrag wird mit dem Hebesatz der jeweiligen Gemeinde multipliziert. So ergibt sich die Grundsteuer.

Legt das Finanzamt beispielsweise für eine Wohnimmobilie 100.000 Euro fest, gilt dieser Betrag als Grundlage für die Berechnung. Ist die Steuermesszahl mit 0,031 Prozent angesetzt, werden die 100.000 mit 0,00031 multipliziert (das entspricht dem Dezimalwert von 0,031 Prozent). Das Ergebnis: Ein Steuermessbetrag von 31. Diese 31 wird mit dem Hebesatz der Gemeinde, beispielsweise 400 Prozent, multipliziert. Die Grundsteuer beträgt 31 x 4 = 124 Euro.

Bei Fragen Grundbuchamt und Boris konsultieren

Die wenigsten Menschen dürften bereits über die erforderlichen Daten verfügen. Um sie zusammenzutragen, ist der Besuch des Grundbuchamts der jeweiligen Kommune hilfreich. Denn im Grundbuch finden sich unter anderem die Grundstücksfläche und die Flurnummer, also die „Registriernummer“ des Anwesens.

Den im Bodenwert- und im Bundesmodell geforderten Bodenrichtwert (der für die Grundsteuer anzusetzende Preis für das Grundstück) liefert das Bodenrichtwertinformationssystem „Boris“.

Das ist auf den offiziellen Internetseiten der Bundesländer zu finden. Dort müssen die Immobilieneigentümer:innen lediglich Ort und Straße eingeben bzw. ihr Grundstück auf einer Online-Landkarte anklicken. Dann erfahren sie – meist kostenlos – die Quadratmeterpreise.

Adlerauge auf bei der Berechnung der Wohnfläche

Die Größe der Wohnfläche findet sich meist in Bauplänen, Kaufverträgen oder Versicherungspolicen. Bei vermieteten Häusern und Wohnungen lässt sie sich auch der Nebenkostenabrechnung oder dem Mietvertrag entnehmen. 

Liegen keine offiziellen Flächenangaben vor, müssen die Wohnungen oder Häuser vermessen werden. Es gibt professionelle Vermessungstechniker:innen, die dies für einige hundert Euro übernehmen. Wenn Sie als Eigentümer:in diese Aufgabe selbst übernehmen, ist es wichtig, sich nach der Wohnflächenverordnung zu richten. Sie legt fest, welche Räume zur Wohnfläche zählen.

Keller-, Abstell- und Waschräume sind in der Regel nicht mitzuzählen. Räume mit Dachschrägen, niedriger Deckenhöhe und ein Schwimmbad zählen in der Regel hälftig, ein Balkon oder eine Terrasse zu einem Viertel.

Je größer, neuer oder unbebaut, aber baureif – desto teurer

Bei dieser Berechnung ist es wichtig, sehr genau vorzugehen. Denn: Je größer die Wohnfläche, desto höher die Grundsteuer. Bei der Angabe des Baujahrs gilt der Erstbezug. Kernsanierungen müssen ebenfalls angegeben werden. Denn sie erhöhen den Wert – und damit die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer. 

Einige Länder wie Hessen, Hamburg und Baden-Württemberg haben noch eine Sonderregelung festgelegt – die sogenannte Grundsteuer C –, um die Bebauung von Grundstücken zu fördern: Ist das Grundstück unbebaut, aber baureif, dürfen die Kommunen eine höhere Grundsteuer festlegen.

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