Die USA besitzen die größten Goldreserven der Welt. Doch wie sie diese in ihren Bilanzen neu bewerten wollen, sorgt für Gesprächsstoff. Handelt es sich um einen buchhalterischen Trick – oder um eine clevere Strategie, um den gigantischen Schuldenberg zu entlasten? Und: Welche Folgen hätte das für die Inflation in den USA?
Wie hoch sind die Goldreserven der USA wirklich?
Die Vereinigten Staaten verfügen über 8.133 Tonnen Gold. Damit stehen sie weltweit an der Spitze. Gelagert ist das Edelmetall an berühmten Orten wie Fort Knox und in den Tresoren der Federal Reserve Bank in New York.
In den offiziellen Bilanzen bewertet die US-Regierung ihre Goldreserven jedoch mit einem Preis aus den 1970er-Jahren: 42,22 US-Dollar pro Feinunze. Der heutige Marktpreis liegt bei über 2.000 US-Dollar. Diese Differenz ist enorm:
- Bilanzierter Wert: rund 11 Milliarden US-Dollar
- Tatsächlicher Marktwert: über 5.500 Milliarden US-Dollar
Auf dem Papier besitzt die US-Regierung also ein gigantisches Vermögen, das in den Büchern aber kaum sichtbar ist. Doch warum ist das so? Dazu ist ein Blick in die Geschichtsbücher notwendig.
Die Geschichte des Goldpreises in den USA: Ein Rückblick auf die 1930er Jahre
Die 1930er Jahre waren für den Goldpreis in den USA ein Wendepunkt. Während der Weltwirtschaftskrise hob Präsident Franklin D. Roosevelt am 5. April 1933 per „Executive Order 6102“ den privaten Goldbesitz auf – Bürger:innen mussten Goldmünzen, Barren und Zertifikate über einer bestimmten Summe an den Staat verkaufen, meist zu einem festen Preis weit unter Marktwert. Mit dem „Gold Reserve Act“ von 1934 setzte Roosevelt den Goldpreis von 21 US Dollar auf 35 US Dollar pro Unze hoch, was einer Abwertung des Dollars um rund 59 % entsprach. In den 1970er Jahren wurde dann der Goldpreis auf 42,22 US Dollar pro Unze festgesetzt. Die Maßnahmen führten insgesamt dazu, dass der US-Export gefördert wurde und Gold als Wertspeicher einen dramatischen Vermögensanstieg bescherte für diejenigen, die ihr Gold behalten konnten. Die US-Regierung nutzte diese Vorgehensweise, um die Wirtschaft zu stabilisieren und ihren Einfluss auf die Weltmärkte auszubauen.
Warum die USA ihr Gold bis zuletzt so niedrig bewerten
In der klassischen Buchhaltung gilt normalerweise das Prinzip: Vermögen muss möglichst realistisch bewertet werden. Ein Unternehmen müsste sein Gold also immer zum aktuellen Marktpreis ansetzen. Für Staaten gelten andere Regeln. Sie dürfen eigene Bewertungsmaßstäbe festlegen, solange diese international anerkannt sind. Die USA halten seit Jahrzehnten am Fixpreis von 42,22 Dollar fest. Dafür gibt es zwei Gründe:
Stabilität: Die Bilanz schwankt nicht mit jedem Preissprung am Goldmarkt.
Politik: Die Regierung vermeidet Debatten darüber, ob das Gold als Sicherheit für neue Schulden dienen könnte.
Kritiker:innen nennen das einen buchhalterischen Trick, weil der wahre Wert verschleiert wird. Befürworter sehen es als konservative Strategie, die Vertrauen schafft.
Gold-Evaluierung in den USA: Was ist aktuell geplant?
Die USA planen 2025 eine umfassende Evaluierung ihrer Goldreserven. US-Finanzminister Scott Bessent möchte die 8.133 Tonnen Gold künftig stärker als aktives Vermögen einsetzen und diskutiert die Monetarisierung der Reserven. Hinter dieser Strategie steckt das Ziel, neues Vertrauen in den Dollar zu schaffen, den Handlungsspielraum der Regierung zu erweitern und zusätzliche Liquidität zu beschaffen, ohne direkte Staatsverschuldung. Optionen umfassen die Bewertung zum Marktpreis, Nutzung als Sicherheit (Kollateral) für Staatsanleihen oder sogar eine teilweise Deckung des Dollars durch Gold – ein vollständiger Goldstandard gilt aber laut Beobachtern als unwahrscheinlich.
Die Finanz-Medienunternehmen Bloomberg mutmaßt, dass bei einer Neubewertung neue Goldzertifikate ausgegeben und die Fed gegen die alten tauschen müsste. Dies könnte auf einen Schlag rund 750 Milliarden Dollar an zusätzlichen Vermögenswerten schaffen – so das Szenario. Das US-Finanzministerium könnte diese Dollar wiederum nutzen, um Schulden abzubauen oder andere neue wirtschaftliche Maßnahmen zu ergreifen, wie zum Beispiel der Erwerb von Krypto, insbesondere Bitcoin.
Folgen einer Neubewertung für US-Schulden
Die Schuldenlast der Vereinigten Staaten beträgt inzwischen über 34 Billionen US-Dollar. Würden die Goldreserven zum Marktwert bewertet, ließe sich dieser Berg zumindest auf dem Papier abfedern. Investor:innen könnten dadurch mehr Vertrauen in die Stabilität der US-Staatsfinanzen gewinnen.
Doch eine solche Neubewertung hätte Nebenwirkungen. Wenn die Regierung den höheren Goldwert als Grundlage für neue Ausgaben nutzt, würde mehr Geld in den Umlauf kommen. Das würde die Inflation in den USA anheizen – in einem Land, das ohnehin schon mit hohen Preisen zu kämpfen hat.
Trick oder clevere Strategie?
Die Bewertung der Goldreserven der USA zeigt, wie eng Finanzen, Politik und Psychologie zusammenhängen. Juristisch ist alles korrekt – Staaten dürfen ihre Vermögenswerte so ansetzen, wie es ihnen passt.
Doch die Debatte bleibt: Handelt es sich um eine optische Täuschung oder um einen geschickten Schachzug, der das Vertrauen in die USA stärkt? Klar ist: Eine Aufwertung würde kurzfristig Spielräume schaffen, aber langfristig neue Risiken bergen.
Fazit: Gold glänzt, Illusionen nicht
Die Goldreserven der USA sind eine doppelte Realität. Auf der einen Seite sichern sie das Land ab. Auf der anderen Seite sind sie ein Rechenexempel mit politischem Beigeschmack.
Darf man das? Ja. Ist es clever? Vielleicht. Doch die Gefahr bleibt, dass die Illusion von Reichtum schneller verpufft, als Gold glänzen kann.
Immer auf dem Laufendem sein
Bisher steht es noch nicht eindeutig fest, ob die USA ihre Goldreserven neu bewerten werden. Wer an den neuesten makroökonomische Entwicklungen Interesse hat, dem sei der Newsletter unseres Research-Partners LBBW zu empfehlen, den Sie hier im Archiv in der Internet-Filiale nachlesen können.
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