Kleingeld: Alles Käse, oder was?

0

Hollands Kampf gegen das Kleingeld – Unsinn oder Vorbild für Europa?

Seit 11 Jahren versuchen die Holländer, ihren Barzahlungsverkehr ohne Kleingeld, d.h. ohne  Ein- und Zwei-Cent-Münzen, zu bewältigen. Und führen gewichtige Gründe dafür ins Feld: Zu umständlich, zu lästig im Portemonnaie, zu teuer in der Herstellung.

Um die Abschaffung der kleinsten Euro-Münzen zu erreichen, hat der Handel bereits konsequent viele Preise auf- bzw. abgerundet. Und das nicht nur beim Gouda-Verkauf. Ähnliche Bestrebungen gibt es bereits in Belgien, Irland und Finnland – und auch Dänemarkurlauber wundern sich schon lange nicht mehr darüber, dass sie beim Kauf ihres morgendlichen 4,95 Kronen Brötchens mit einem 5-Kronen-Stück kein 5-Öre-Stück mehr zurückbekommen. Zumal dieses Geldstück dann nach dem Urlaub sowieso nur sinnbefreit in der Erinnerungsschatulle neben sandigen Muscheln und übel riechenden Seesternkadavern zu liegen kommen würde.

Bahnt sich hier eine geldpolitische Revolution an, die über kurz oder lang auch in unser Land schwappen wird und das wehrlose Kleingeld gnadenlos aus den Geldtaschen, Spardosen und Touristenbrunnen schwemmt?

Foto Ortsschild Kleve
Eine kleine Stadt will den Einzelhandel revolutionieren

Umdenken auch in Deutschland: Sind die Klever cleverer?

Vielleicht liegt es an der Nähe zu den Niederlanden, die die kleine Stadt Kleve am Niederrhein dazu bewogen hat, als Vorreiter für unser Land die Ein- und Zwei-Cent-Münzen abzuschaffen bzw. zumindest zu reduzieren. Zahlreiche Händler und Dienstleistungsunternehmen haben sich einmütig darauf verständigt, zukünftig die Beträge an den Kassen auf- bzw. abzurunden.

Aus 1,91 euro bzw. 1,92 Euro werden 1,90 Euro – und aus 1,93 Euro bzw. 1,94 Euro werden 1,95 Euro!

Und so ganz nebenbei: Ein durchaus gewünschter Nebeneffekt für die Verantwortlichen der Stadt ist der nicht zu unterschätzende Marketing-Effekt, der die ehemalige Residenzstadt bundesweit ins Gespräch bringt. Dass die Stadt jetzt auch ihre Hinweisschilder mit dem in diesem Zusammenhang kontraproduktiven Begriff Centrum“ gegen neue Schilder „Stadtmitte“ austauschen will, sind derzeit noch unbestätigte Gerüchte!

Wie steht eigentlich der deutsche Einzelhandel zu diesem Alleingang der „aufmüpfigen“ Rheinländer?

„Ohne eine EU-weite einheitliche Regelung machen wir das nicht mit!“, so die klare Stellungnahme vom Einzelhandelsverband HDE. Hinter dieser Aussage steht nicht zuletzt die Angst, dass die Händler in den unschönen Verdacht geraten könnten, ihre Produkte so durch die Hintertür teurer zu machen. Die Verantwortlichen in Kleve sehen das jedenfalls ganz entspannt: „Das gleicht sich am Ende alles aus“, so die einhellige Meinung. Denn mal ehrlich: Würden die als ausgesprochen sparsam bekannten Holländer das sonst machen?

Die Herstellung eines Cent-Stücks kostet 1,6 Cent.

Macht das ökonomisch überhaupt Sinn?

Das Ende des Kleingelds?
Kleingeld – eine aussterbende Spezies?

Die irische Zentralbank, die sich ebenfalls für die Rundungsregeln stark gemacht hat, betont, dass diese Initiative entstanden ist, weil die Prägung der Münzen schlicht und einfach zu teuer ist. Eine Auffassung, die in Deutschland nicht widerspruchslos akzeptiert wird. Schließlich macht der Bundesfinanzminister bei der Ausgabe der Ein- und Zwei-Cent-Münzen einen Gewinn. Und auf den möchte er verständlicherweise nicht so gern verzichten.

Hängen die Deutschen am Kleingeld?

Wer kennt es nicht: Man wartet unter einem gewissen Zeitdruck an der Supermarktkasse und die ältere Kundin vor einem in der Schlange kramt umständlich und in aller Ruhe nach einer noch fehlenden Cent-Münze – BINGO! Für die Wartenden eine Tortur, die automatisch dazu führt, dass man dem Gedanken an Kleingeldverzicht durchaus positive Seiten abgewinnen kann.

Klare Tendenz: Lediglich 28% der Deutschen lehnen die Abschaffung der kleinen Münzen strikt ab. Das war vor 5 Jahren noch ganz anders: Damals konnten sich mehr als 60% den Verzicht auf „Klimpergeld“ nicht vorstellen.

Neugierig auf das „gallische Dorf“ geworden?

Wenn man an Kleve denkt, fallen einem vielleicht sofort die Schwanenburg und die Stiftskirche ein. Dabei gibt es wohl noch eine Vielzahl von weiteren Sehenswürdigkeiten, die man bei einem Besuch in der Kreisstadt gesehen haben muss. Und so ganz nebenbei kann sich der geneigte Besucher auch schon mal praxisnah an die Kleingeld reduzierte Zukunft unseres Landes gewöhnen…

. . . wenn sie denn kommen sollte. Wir warten mal ab!

KOMMENTAR SCHREIBEN (Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.)

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein