Interview mit Ingo Speich, Nachhaltigkeitsexperte, Deka Investments
Der Klimawandel schreitet schneller voran als gedacht. Die Auswirkungen auf die Erde und seine Menschen könnten verheerend sein. Expertinnen und Experten mahnen – der Handlungsbedarf sei dringend und enorm. Doch was bedeutet das zukünftig für Anlegerinnen und Anleger? Und wie können sich Unternehmen in Zukunft sinnvoll aufstellen?
Herr Speich, laut des aktuellen Klimaberichts wird Deutschland den Klimawandel stärker zu spüren bekommen als der Durchschnitt der Erde. Mehr Hitze, mehr Starkregen und ein steigender Meeresspiegel – das alles kommt auf uns zu. Welche Konsequenzen kann das hierzulande für Anlegerinnen und Anleger haben?
Die ökologischen Herausforderungen sind noch nie so dominant gewesen wie heute. Wir gehen von einer weiteren deutlichen Verschärfung des Klimawandels aus. Der Gesetzgeber wird darauf in den nächsten Jahren reagieren müssen, da die Zeit drängt und marktwirtschaftlich die Veränderung hin zu einer CO2 ärmeren Gesellschaft zu langsam vorangeht. Zudem werden Konsumenten ihr Verhalten anpassen. Dadurch wird sich die Wertschöpfung bei den Unternehmen verändern und die Risiken müssen neu bewertet werden. Das schlägt sich bereits heute am Kapitalmarkt nieder. Bewertungen von Unternehmen verändern sich strukturell. Unternehmen die besser für den Klimawandel gerüstet sind, erfahren eine Aufwertung, die Klimasünder werden abgestraft. Daher müssen die Anlegerinnen und Anleger ihr Portfolio „wetterfest“ machen und frühzeitig ökologische Aspekte in ihre Anlage integrieren, um „stranded Assets“, also letztlich Verluste im Portfolio zu vermeiden.
Was sollten Anlegerinnen und Anleger in Zukunft bei der Geldanlage beachten, bevor sie sich für ein Anlageprodukt entscheiden?
Ein Weg den Klimawandel sinnvoll in seiner Portfoliostruktur zu berücksichtigen ist eine nachhaltige Anlage. Damit werden in besonderem Maße ökologische und soziale Aspekte berücksichtigt. Ebenso wird die gute Unternehmensführung dabei betont und belohnt. Nachhaltige Anlagelösungen gibt es in nahezu jedem Anlagesegment. Ähnlich wie die individuelle Risiko- und Renditepräferenz sollte jeder Anleger auch bei der Nachhaltigkeit einen für sich passenden Ansatz finden. Wichtig werden auch weiterhin Rendite und Risiko bleiben. Nachhaltigkeit zahlt sich für den Anleger aus, entweder über einen besseren Ertrag oder durch ein niedrigeres Risiko. Immer mehr Anleger investieren nachhaltig, das führt auch dazu, wer zeitig dabei ist, hat Anteil an der gesteigerten Nachfrage und damit am Kurspotenzial.
Was werden Unternehmen künftig anders machen müssen, um den Klimawandel zu stoppen?
Unternehmen müssen den Klimawandel berücksichtigen, sonst wird die Wertschöpfung unter Druck kommen und sich immer mehr Anleger abwenden. Generell gesprochen, müssen die CO2 Emission deutlich reduziert werden. Dazu müssen langfristige, mittelfristige und kurzfristige Ziele definiert werden. Diese Meilensteine müssen in der Strategie des Unternehmens verankert und in die internen Steuerungssysteme integriert werden. Letztlich müssen die Manager das auch in ihrem Portemonnaie spüren, denn nur durch Verhaltensänderungen lässt sich auch die Senkung der CO2-Emissionen umsetzen. Wichtig ist auch eine transparente Berichterstattung und klare Kommunikation gegenüber dem Kapitalmarkt. Die meisten Unternehmen haben noch einen langen Weg vor sich. Wir legen daher auf den Klimawandel ein besonderes Augenmerk und thematisieren dies in unseren Gesprächen mit Vorständen und Aufsichtsräten sowie bei Hauptversammlungen, um beschleunigend auf die Transformation der Unternehmen einzuwirken.