Das politische Megaereignis der US-Wahl rückt näher. In den vergangenen Handelswochen positionierten sich die Marktteilnehmer noch einmal stärker in Richtung eines Trump-Sieges, allerdings schwankt das Meinungsbild nahezu täglich. Wird Donald Trump zum zweiten Mal Präsident der USA oder macht doch die Demokratin Kamala Harris das Rennen? Und was bedeutet der Ausgang der Präsidentschaftswahl für die Welt? Antworten liefert der Volkswirt Professor Dr. Harm Bandholz von der FH Kiel.
Zur Person: Harm Bandholz ist Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik an der Fachhochschule Kiel und war zuvor US-Chefvolkswirt für eine europäische Großbank in New York.
Herr Bandholz, warum schauen alle auf die US-Wahlen? Sind die USA überhaupt noch die einzige geopolitische und finanzpolitische Weltmacht?
Bandholz: Ich glaube schon, dass die USA weiterhin die einzige Weltmacht sind. Insbesondere in Europa halten sie zum Beispiel in der Ukraine-Frage aktuell das ganze Konstrukt noch zusammen. Aber gleichzeitig ist es unverkennbar, dass ihr Einfluss auf die letzten Jahre deutlich nachgelassen hat. Mittelfristig wird es sicherlich so sein, dass sich auf jeden Fall China als zweiter Block etablieren wird. Man muss schauen, wie es mit Russland weitergeht. Unter einem Präsidenten Trump dürfte sich der Rückzug Amerikas fortsetzen. Unter seinem Motto „America First“ reicht es, wenn sich die USA vernünftig selbst verteidigen können. Dann braucht man auch nicht so viele Allianzen.
Könnten die USA denn unter Trump aus der Nato austreten?
Bandholz: Der amerikanische Kongress und Senat hat Ende letzten Jahres überparteilich ein Gesetz beschlossen, das es dem Präsidenten verbietet, per Alleingang die USA aus der NATO herauszuziehen. Genau damit hatte Trump in seiner ersten Amtszeit gedroht. Allerdings hilft es das wenig, wenn die USA in der NATO verbleiben aber der Präsident seinen Verbündeten dann keine Hilfe zukommen lassen will. Und das Risiko sehe ich durchaus.
Dann bleiben wir gleich bei Donald Trump und kommen zum Ukraine-Konflikt. Welche Auswirkungen hätte eine Wahl von Trump zum US-Präsidenten für die Ukraine?
Bandholz: Trump hat relativ deutlich gesagt, dass er von der Unterstützung der Ukraine nicht so viel hält, um es mal vorsichtig auszudrücken. Von daher müssen wir davon ausgehen, dass die finanziellen und militärischen Hilfen durch die USA hier deutlich nachlassen werden – vielleicht werden sie sogar ganz eingestellt. Ich denke, die Biden-Regierung hat auch vor diesem Hintergrund in den letzten Monaten die Anstrengungen noch mal deutlich erhöht und große Hilfspakete beschlossen, um Tatsachen zu schaffen. Trump rühmt sich, dass er stattdessen mit Putin einen Frieden aushandeln möchte und kann. Aber wenn das russische Militär dann nicht mehr in der Ukraine gebunden ist, wer weiß welche Region dann als nächstes dran ist.
Und bei einer US-Präsidentin Kamala Harris bliebe es beim Ukraine-Konflikt alles so wie es ist?
Bandholz: Prinzipiell schon. Die USA würden die Ukraine weiterhin unterstützen, allerdings muss man hier auch ein wenig einschränken. Denn nach den aktuellen Wahlumfragen kann man davon ausgehen, dass die Republikaner im zumindest Senat die Mehrheit gewinnen werden. Damit wird es auch für eine Präsidentin Harris schwierig, Gesetzesvorlagen durchzubringen; in jedem Fall wird sie bei Forderungen der Republikaner Entgegenkommen zeigen müssen.
Mit welchen Mehrheiten ist im Repräsentantenhaus zu rechnen?
Hier ist laut der aktuellen Umfragen alles möglich. Es kann passieren, dass die Republikaner sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus die Mehrheit erzielen, aber das Amt des Präsidenten von Kamala Harris gewonnen wird. Alternativ könnte das Repräsentantenhaus demokratisch und der Senat republikanisch werden, was bereits eine gewisse Patt-Situation bedeuten würde. Das ungünstigste Szenario aus geopolitischer Sicht ist aus meiner Sicht, dass die Republikaner sowohl eine Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus erhalten und Donald Trump ins Weiße Haus einzieht. Denn dann kann ein Präsident Trump schalten und walten wie er möchte.
Wie würde eine Trump-Regierung denn dann mit China umgehen?
Bandholz: Die China Politik von Biden hatte sich im Vergleich zum Vorgänger Trump kaum verändert. Insbesondere die Zölle wurden im Wesentlichen beibehalten. Deswegen erwarte ich hier inhaltlich unter Trump keinen großen Kurswechsel. Was sich unter Biden veränderte, ist der Ton. Unter einer Biden-Regierung ist alles deutlich diplomatischer abgelaufen während Trump über die sozialen Medien gern gegen China gepoltert hatte und das wohl auch wieder tun wird. Darüber hinaus müssen wir schauen wie China sich von dem einen oder anderen Wahlergebnis ermutigt fühlt in der Taiwan-Frage aktiver zu werden.
Sie meinen, wenn Trump die US-Wahl gewinnt, würde China in der Taiwan-Frage aktiver werden?
Bandholz: Das ist aus meiner Sicht kaum zu beantworten, denn das ist ein chinesisches Kalkül, welches wir nicht kennen. Wir wissen einfach nicht, welche US-Präsidentin bzw. Präsident den Chinesen lieber wäre. Für Putin ist es klar, dass es Donald Trump ist. Ob die Chinesen aber lieber einen unberechenbaren Trump als Präsidenten hätten oder eine Kamala Harris, die gute diplomatische Beziehung zu den chinesischen Nachbarländern unterhalten würde, das ist schwierig zu sagen. Sicher ist, dass die USA weiterhin gegen China einen harten wirtschaftlichen Kurs fahren werden.
Welche Auswirkung wird die US-Präsidentschaftswahl auf die amerikanische Klimapolitik haben?
Bandholz: Trumps Mantra ist, dass die USA das Land mit den niedrigsten Energiepreisen sein muss. Diesem Ziel wird er alles unterordnen. Er gilt als Freund der fossilen Brennstoffe. Damit würde die Welt ein wichtiges Zugpferd im Kampf gegen den Klimawandel verlieren. Wobei man nicht vergessen darf, dass die Ölproduktion in den USA unter Joe Biden gerade auf ein Rekordhoch gestiegen ist. Ich würde das als „pragmatische“ Klimapolitik bezeichnen. Denn bei allem Fokus auf den Ausbau erneuerbarer Energien hat man in den USA nicht den zweiten Schritt vor dem ersten gemacht und – anders als in anderen Ländern – in der Übergangsphase auch weiterhin auf andere Energiequellen gesetzt.
Sie sagen immer, was die USA unter der Präsidentschaft von Joe Biden gemacht hat. Was heißt das denn nun für Kamala Harris? Hat sie gar kein eigenes Profil? Gibt es nichts, worin sich Harris von Joe Biden unterscheidet?
Bandholz: Bisher hat sich Kamala Harris diesbezüglich sehr bedeckt gehalten. Wir wissen relativ wenig darüber, was sie alles anders machen möchte. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sie ihren Gegnern keine Angriffsfläche bieten will. Im TV-Duell hat sie sich gut gegen Trump durchgesetzt, wobei sie auch dort kaum mit Inhalten gepunktet hat. Unsere beste Vermutung ist, dass sie in vielen Bereichen die Politik von Joe Biden fortführen wird.
Wie werden nun die Finanzmärkte und der US-Dollar auf die US-Wahl reagieren?
Bandholz: Donald Trump steht für Big Business und die Finanzmärkte würden zunächst positiver reagieren als bei einem Sieg von Kamala Harris. Das liegt vor allem an seinem Fokus auf niedrigere Steuern und weniger Regulierung. Das kann sich aber dann ändern, wenn Trump mit den geplanten Zöllen ernst macht. Denn hierdurch könnten große Verwerfungen im Welthandel entstehen mit entsprechend negativen Konsequenzen für die Konjunktur und die Gewinnaussichten von Unternehmen. Und die Wahrscheinlichkeit für die Einführung der Zölle ist nicht gering, zumal Trump die zusätzlichen Einnahmen benötigt, um seine Steuersenkungen zu finanzieren. Der US-Dollar würde von Zöllen allerdings profitieren – zumindest solange bis die anderen Länder ihrerseits mit Vergeltungszöllen reagieren. Aber zunächst würde ein Trump-Sieg den Dollar stützen und die Finanzmärkte würden positiv reagieren.
Welche Steuern möchte Trump denn senken?
Bandholz: Es geht vor allem um die Unternehmenssteuer, die er bereits in der ersten Amtszeit von 35 % auf 21 % reduziert hat. Diese möchte er jetzt noch weiter auf 15 % senken, wogegen Kamala Harris den Steuersatz wieder auf 28 % erhöhen möchte. Zudem plant Trump, die in seiner ersten Amtszeit beschlossene, aber nur bis 2025 laufende Senkung der Einkommenssteuer permanent zu machen. Harris übrigens auch.
Wie sollen sich das die USA leisten können. Das Land ist doch total verschuldet? Müsste der Dollarkurs bei fortwährend niedrigen Steuereinnahmen nicht ins Bodenlose sinken?
Bandholz: Der US-Dollar ist immer noch die Weltreserve-Währung und es gibt noch keine ernstzunehmende Alternative. Insbesondere die US-Staatsanleihen sind bei ausländischen institutionellen Anlegern weiterhin beliebt. Solange das so ist, gibt es eine erhebliche Grundnachfrage nach dem Dollar. Ohne diese wäre der Dollar angesichts des hohen Leistungsbilanzdefizits der USA wohl in der Tat bereits deutlich schwächer.
Inflation und Arbeitsmarkt sind wichtige Indikatoren für den Zustand einer Volkswirtschaft. Wie wird wohl die US-Wahl auf den Arbeitsmarkt und die Inflation der USA mittelfristig niederschlagen?
Bandholz: Eine Kamala Harris wird aufgrund der anzunehmenden Mehrheitsverhältnisse in Senat und Repräsentantenhaus eher wenig durchsetzen können, um auf die Bereiche Arbeitsmarkt und Inflation Einfluss zu nehmen. Bei einem Sieg von Trump ist das möglicherweise anders. Geringe Steuern, Deregulierung und niedrige Energiepreise könnten die USA als Standort für Unternehmen noch attraktiver machen. Allerdings gehe ich davon aus, dass die positiven Effekte weniger dem Arbeitsmarkt zugutekommen als den Finanzmärkten. Mittelfristig könnten unter Trump auch die Inflationsgefahren wieder steigen. Ob und inwieweit sich diese Gefahr materialisiert, hängt im Wesentlichen davon ab, ob es der Federal Reserve gelingt, ihre geldpolitische Unabhängigkeit zu bewahren.
Das heißt, eine Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten wird die Aktienmärkte befeuern?
Bandholz: Die Aktienmärkte werden sich zunächst einmal mehr über Trump freuen. Harris dagegen steht für höhere Unternehmenssteuer und mehr Regulierungen sowie staatliche Einflussnahme. Wenn Trump allerdings seine Drohungen wahrmacht und alle Einfuhren mit Strafzöllen von 10-20 Prozent belegt, wäre das Gift für die US- und Weltwirtschaft.
Hinweis: Das Interview wurde im Oktober durchgeführt.
Ich meine der beste soll gewinnnen
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Звісно, ви дуже зацікавлені в тому, щоб Росія продовжила нищити українські міста і людей, аби лише вона не пішла далі на Захід. Нехай українці і далі гинуть, зате переможе „не друг“ путіна