Von E wie Energie über A wie Aktien bis hin zu U wie Urlaub
Der Euro notiert gegenüber dem US-Dollar bei einem Fünfjahrestief. Die Gemeinschaftswährung steht aktuell bei 1,02 US-Dollar. Zur Jahresmitte 2021 war ein Euro noch 14 US-Cent mehr wert. Welche Konsequenzen hat das für die Wirtschaft der Eurozone – und welche für Sie als Verbraucherinnen und Verbraucher?
Seit 2021 markiert der Euro immer wieder neue Tiefststände. In der Woche vom 12. Juli 2022 ist er gegenüber dem Dollar zum ersten Mal seit Ende 2002 auf Parität gefallen, das heißt, beide Währungen haben sich auf einen Wechselkurs von 1:1 angeglichen. Für diese Euro-Schwäche gibt es mehrere Gründe. Eine Rolle spielt der wachsende Zinsunterschied zwischen Europa und den USA: Während die US-Notenbank Fed gleich mehrere Zinsanhebungen ankündigt, hebt die EZB trotz der hohen Inflation den Leitzins erst einmal im Juli 2022 voraussichtlich um 0,25 Prozentpunkte an. Geldpolitisch driften die beiden wichtigsten Notenbanken der Welt derzeit auseinander.
Der Ukraine-Krieg schadet der europäischen Konjunktur. Im Zuge weltweiter Krisen wird aktuell der US-Dollar als „sicherer Hafen“ für Geldanlagen gesehen und zieht ausländisches Kapital an. Denn Investoren und Investorinnen befürchten in Zeiten unterbrochener Lieferketten und harter Sanktionen gegen Russland eine wirtschaftliche Talfahrt in der EU.
Für Teile der Wirtschaft in Europa ist ein schwacher Euro hilfreich: Durch den niedrigen Wechselkurs werden ihre Produkte auf Exportmärkten günstiger. In Europa heizt ein schwacher Euro hingegen die Inflation weiter an, weil Importe teurer bezahlt werden müssen.
Die Entwicklung hat reale Auswirkungen – auf Unternehmen und Privatpersonen. Die wichtigsten davon finden Sie hier:
1. Energie: Preise steigen
In den vergangenen Monaten sind die Preise für Benzin, Strom und Heizöl stark gestiegen. Der Hauptgrund dafür ist – in doppelter Hinsicht – der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine: Durch die Sanktionen gegen Russland entfällt ein wichtiger Lieferant von Energie und Rohstoffen, das Angebot wird knapper und die Preise steigen. Zudem werden die meisten Rohstoffe wie Öl und Gas in US-Dollar notiert. Wenn der US-Dollar im Wert steigt, beziehungsweise der Euro-Kurs sinkt, bedeutet das automatisch, dass sich die Energiepreise für Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch für die Unternehmen verteuern.
2. Exporte: Unternehmen und Angestellte profitieren
Unternehmen, die ihre Waren in Länder außerhalb der Eurozone exportieren, profitieren in der Regel von einem günstigen Euro. Denn für ihre Kundinnen und Kunden in anderen Währungsregionen wird der Einkauf billiger. Das steigert den Absatz der Lieferanten aus dem Euro-Raum – und damit auch aus Deutschland. Auch die Beschäftigten dieser Unternehmen können davon profitieren: Denn je wettbewerbsfähiger ihre Produkte, desto höher der Absatz – und damit die Sicherheit der Arbeitsplätze.
3. Importe: Produktionskosten und Preise steigen
Bei der Einfuhr von Waren und Rohstoffen ist der Effekt umgekehrt. Unternehmen, die darauf angewiesen sind, Produkte und Energie zu importieren, müssen für ihre Einfuhren bei einem niedrigen Wechselkurs selbst bei konstanten Weltmarktpreisen in der Regel mehr Euro aufbringen. Das heißt: Mit einem schwachen Euro importieren sie wegen steigender Energie- und Produktionskosten theoretisch steigende Preise.
4. Aktien: Schwacher Euro erhöht Gewinne von DAX-Konzernen
Die weltweit tätigen Unternehmen, deren Aktien zum deutschen Leitindex DAX gehören, stellen sich auf zusätzliche Gewinne durch den schwachen Euro ein. Auch hier spielt der Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten aus Ländern mit härteren Währungen, beispielsweise aus der Schweiz, eine wichtige Rolle.
Firmen mit starken Geschäftszweigen in den USA und großen Umsatzanteilen im Ausland profitieren von ihrer globalen Ausrichtung. Bayer und Airbus produzieren zwar vieles im Inland oder im europäischen Ausland, verkaufen ihre Produkte jedoch weltweit zu Dollar-Preisen. Ähnlich ist es in der Automobilbranche. Insbesondere luxuriöse Fahrzeuge werden nach China und in die USA exportiert. Laut einer Analyse des Handelsblatts sollten die Gewinne der Autobauer im Jahr 2022 nach dem Rekordjahr 2021 aufgrund dieser Treiber und eines starken Jahresauftaktes weiter steigen.
5. Inflation: Weiterer Anstieg
Die höheren Importpreise lassen die Preise für Waren und Güter im Inland ansteigen, sodass Expertinnen und Experten bereits vor einer Lohn-Preis-Spirale warnen: Wegen gestiegener Preise verlangen Arbeitnehmer höhere Löhne, die Unternehmen wiederum durch höhere Preise für ihre Produkte finanzieren könnten. Damit würde die Inflation zusätzlich angeheizt.
6. Urlaub: Kann deutlich teurer werden
Planen Sie derzeit eine Reise in die USA, müssen Sie tiefer in die Tasche greifen. Denn einen US-Dollar zu erhalten, kostet aktuell 1,02 Euro (Stand: 17.7.2022); zur Jahresmitte 2021 war ein US-Dollar schon für rund 0,84 Euro zu haben. Das gleiche Phänomen gilt für Länder wie Mexiko, die karibischen Inseln oder bestimmte Ziele in Asien, die ihre Währung an den Kurs des US-Dollar gekoppelt haben.
Stand 17.07.2022