Unser Blick auf die Märkte im Juli

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Der Coronavirus hat die Weltwirtschaft ins Mark getroffen. Zwar deutete sich in den jüngsten Daten eine gewisse Stabilisierung auf niedrigem Niveau an, doch eine harte Rezession der Weltwirtschaft ist längst Realität. Die Krise ist inzwischen auch am deutschen Arbeitsmarkt angekommen. Die Arbeitslosenquote stieg im Juni auf 6,2 %. Dass der Sprung nicht noch stärker ausfiel, ist wie schon in der Finanzkrise 2008/09 in erster Linie dem dämpfenden Effekt der Kurzarbeit zu verdanken. Nach vorläufigen hochgerechneten Daten wurde im April für 6,83 Mio. Arbeitnehmer konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt. Die Inanspruchnahme lag damit weit über den Werten von 2008/2009.

Impulse zur Wiederankurbelung

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Nachdem es in der ersten Phase der Krise vor allem darum ging, den Virus aus medizinischer Sicht unter Kontrolle zu bringen, rückt nun die ökonomische Perspektive in den Mittelpunkt. Dementsprechend zielten die Anfang Juni verkündeten Maßnahmen der Bundesregierung in erster Linie auf Impulse zur Stimulation der Wirtschaft. So soll beispielsweise durch eine temporäre Senkung der Mehrwertsteuer sowie durch Einmalzahlungen wie einen Kinderbonus der private Konsum belebt werden. Geplantes Gesamtvolumen aller Maßnahmen: 130 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Der gesamte Bundeshaushalt belief sich zuletzt auf 350 Mrd. Euro. Ungeachtet dieser immensen Zahlen ist weiterhin davon auszugehen, dass die Rückkehr zur Normalität nur in kleinen Schritten gelingen wird. Die Reparatur des Schadens wird lange dauern, und sie wird kostspielig.

Zeit für Börsenweisheiten

Die Aussicht auf eine zügige Rückkehr zur Normalität ließ die globalen Aktienmärkte von einem Bären- rasch zurück in einen Bullenmarkt schwenken. Anleger setzen auf eine „V“-förmige Erholung aus der Corona-Rezession, und dies zu einer Zeit, in der sich die Negativschlagzeilen über die wirtschaftliche Lage überschlagen. An der Börse wird die Zukunft gehandelt – eine Börsen-Binsenweisheit, aber dennoch wird sie in diesen Tagen besonders deutlich.

„Stell dich nicht gegen die Fed!“

Die Akteure an den Aktienmärkten blenden negative Nachrichten aus und blicken bereits über die wie auch immer geartete Talsohle hinweg. Eine Reihe von Faktoren begünstigten diese beispiellose Erholung. So ist die erste Corona-Welle in den meisten Ländern erst einmal überwunden, und Fortschritte bei der Entwicklung von Arzneimitteln – Impfstoffe wie Medikamente – machten Hoffnung auf eine nachhaltige Eindämmung der Pandemie. Zudem erhalten Realwirtschaft und Finanzmärkte gigantische Unterstützung von Regierungen und Notenbanken weltweit. Allen voran die Fed, die massiv Liquidität in die Märkte pumpt und den Blick auf eine weitere Börsenweisheit richtet: Don’t fight the Fed. Dieser Warnhinweis, wonach man sich nicht gegen eine expansive Notenbankpolitik stellen möge, ist insbesondere im langfristigen Kontext zu sehen. So dürften die Maßnahmen von Fed, EZB und Co. dazu führen, dass (mehr oder weniger) risikolose Anlagen am Rentenmarkt noch lange Zeit kaum nennenswerte Renditen abwerfen und damit selbst geringe Dividendenrenditen attraktiv erscheinen lassen.

Blick über die Talsohle hinweg?

Relativ zu ihrer eigenen Historie sind Aktien inzwischen sehr teuer. Dies gilt in besonders starkem Maße für den S&P 500 (USA). Sein 12-Monats-Forward-KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) liegt inzwischen bei 22,5 und damit deutlich über dem langfristigen Mittelwert. Dass sich die Aktienkurse in den vergangenen Monaten trotz massiver Gewinnabwärtsrevisionen derart stark erholten, scheint neben der immensen Liquidität seitens Staaten und Notenbanken nicht zuletzt auch daran zu liegen, dass die Anleger über das Corona-Tal hinwegschauen und eine V-förmige Konjunkturerholung erwarten. Mit Blick auf die kommenden Monate überwiegen kurzfristig die Risiken, mittelfristig eröffnen sich jedoch Chancen.

Udo Sörensen

Über den Autor: Der Betriebswirt Udo Sörensen ist Wertpapierspezialist im Hause der Förde Sparkasse und arbeitet als Portfolioberater in der Aktiven Depotbetreuung.

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