Unser Blick auf die Kapitalmärkte 2020

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Zwölf Monate sind es noch bis zur Präsidentschaftswahl in den USA. Zwölf Monate heißt im Umkehrschluss, dass Donald Trump bereits seit knapp drei Jahren als amtierender Präsident die Geschicke der USA und – zu einem nicht unerheblichen Maß – auch die der Welt lenkt. In dieser Zeit haben Handelskrieg und Twitter-Mitteilungen zum Trotz, die Aktienmärkte eine beeindruckende Performance geliefert.

Eine Amtsenthebung Trumps ist unwahrscheinlich

Trump stellt sich 2020 der Wiederwahl. Angesichts dessen verbietet es sich für ihn im Handelsstreit mit China weiter Öl ins Feuer zu gießen. Dies gilt umso mehr, da die für die Wiederwahl Trumps wichtigen Industriearbeiter besonders unter den Auswirkungen des transpazifischen Handelsstreits leiden. Dass Trump als Kandidat der Republikaner in das Rennen um die Präsidentschaft geschickt wird, gilt aktuell als sicher. Auch dem Amtsenthebungsverfahren sollte unseres Erachtens keine zu große Relevanz beigemessen werden. Das US-Repräsentantenhaus traf zwar mit einfacher Mehrheit von 232 zu 196 Stimmen die Entscheidung, ein Amtsenthebungsverfahren („Impeachment“) förmlich einzuleiten, doch für einen wirklichen Schuldspruch und Absetzung Trumps ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit des US-Senates erforderlich. Angesichts der Mehrheit der Republikaner im Senat ist unseres Erachtens eine Amtsenthebung von Donald Trump unwahrscheinlich. Bleibt die Frage der staatlichen Konjunkturimpulse in den USA. Trotz der angespannten Haushaltslage ist für das Jahr 2020 keine restriktive Fiskalpolitik zu erwarten. IWF-Prognosen zufolge wird sich das konjunkturbereinigte Finanzierungsdefizit des Staates im Jahr 2020 auf 6,3 % belaufen und damit genauso hoch sein wie im Vorjahr. Dementsprechend sollte die Fiskalpolitik im Jahr 2020 die Konjunktur weder anschieben noch bremsen.

Handelskonflikt beschäftigt auch 2020 die Märkte

In der Handelspolitik setzen die USA weiterhin auf eine Mischung aus Gesprächen und Drohungen. Dies sorgte an den Finanzmärkten zuletzt für eine höhere Schwankungsintensität. Der amerikanische Präsident hat auf einer Pressekonferenz in London vor Kurzem Zweifel an einem zeitnahen Deal mit China geäußert. Erstmals sprach Donald Trump sogar davon, dass er Gefallen daran findet, ein Abkommen erst nach den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr abzuschließen. Zuvor hatte der Präsident mit Strafzöllen, die ab Mitte Januar fällig werden könnten, auf französische Produkte wegen der Pläne einer europäischen Digitalsteuer gedroht. Diese sollen gemäß Donald Trump unfairerweise amerikanische Konzerne wie Apple bedrohen. Auf einer Liste, die der amerikanische Handelsbeauftragte Robert Lighthizer veröffentlichte, stehen beispielsweise französische Käsesorten, Joghurt und Handtaschen. Eine umfassende und zeitige Lösung im Handelsstreit ist zwar bislang nicht in Sicht, ein Abbruch der Verhandlungen aber ebenso wenig.

Brexit bleibt Brexit und damit ungewiss bis zum Ende

Der zweitgrößte Sorgenpunkt, der Brexit, scheint sich ebenfalls zu entspannen. Die Konservativen legen in den Umfragen seit dem Amtsantritt von Premierminister Johnson zu Lasten der Brexit-Partei zu. Die Arbeiterpartei erholt sich nur sehr langsam von ihrem Umfragetief. Der Wahlforscher Martin Baxter sagt auf Basis der jüngsten Umfragen voraus, dass die Konservativen bei etwaigen Neuwahlen 363 Sitze im Unterhaus gewinnen und damit eine absolute Mehrheit erreichen werden. Sollten die Konservativen eine Mehrheit erringen, scheint der Weg frei für einen geregelten Austritt. Dies ist, bei allem Optimismus für den Moment, allerdings keineswegs ausgemacht. Somit wird das Thema Brexit uns weiterhin beschäftigen.

Im Euroraum ist schon viel Positives eingepreist

Dennoch, die Aussicht auf einen geregelten EU-Austritt Großbritanniens und die Ausräumung eines wesentlichen Konjunkturrisikos für den Euroraum hat der Rendite der 10-jährigen Bundesanleihen zeitweise den größten Aufwärtsimpuls seit Herbst 2018 verliehen. Wir sehen dies jedoch nicht als Beginn einer übergeordneten Trendwende hin zu höheren Renditen, sondern vielmehr als Teil einer Bodenbildungsphase, da die Konjunkturrisiken weiter hoch sind und die expansive Geldpolitik den Spielraum für eine Aufwärtsbewegung vorerst begrenzt. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe bleibt auch mittelfristig deutlich unter null.

Die Aktienmärkte setzten im Oktober ihren freundlichen Trend vom September weiter fort, getrieben insbesondere durch Hoffnungen auf eine Bodenbildung bei den Frühindikatoren für die Konjunktur sowie Entspannungssignalen bei den Belastungsfaktoren Brexit und Handelsstreitigkeiten. Hier ist mittlerweile schon viel Positives eingepreist. Die Alternativlosigkeit des Aktienmarktes wird in dem Gesamtkontext allerdings ebenfalls anhalten, sodass auf Sicht betrachtet das Kapitalmarktumfeld die Aktienmärkte weiterhin vor sich her treiben dürfte… allen kommenden Ereignissen zum Trotz. Sollten Sie diese Themen weitergehend vertiefen wollen, stehen Ihnen die Beraterinnen und Berater gern zur Verfügung.

Über den Autor: Malte Stahl ist Portfolioberater bei der Förde Sparkasse und berät mit seiner Expertise Vermögenskunden in der aktiven Depotbetreuung.

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